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Angela Kling Künstlerin

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Ich wollte immer tanzen. Ich wollte immer auch mit anderen zusammen malen und singen und Holzskulpturen schnitzen und Farben um mich haben. Große, farbige, wilde Flächen mit Gesichtern und Körpern und organischen Formen. Ich dachte, alle wollen das. Zunächst aber begreife ich, dass in meiner Nachkriegsfamilie der Schwerpunkt auf materieller Existenzsicherung und sozialem Aufstieg liegt. Kunst ist keine Option. Selbst Kunsterziehung ist meinen Eltern zu bohemienträchtig. Und ich füge mich. Aus Angst, sie könnten Recht haben, und ich würde als brotlose Künstlerin in der Gosse enden. Für diese Unterordnung würde ich mich selbst noch lange verachten.

Die Zeit an der Universität Frankfurt in den siebziger Jahren mit ihren politisch aktiven Zeitgeistern und einem Romanistik Stipendium in Reims/Frankreich öffnet meinen Blick in lebendige, sinnliche, kommunikative Welten. Lesen, diskutieren, demonstrieren, die Liebe, die eigene Weiblichkeit, WG Leben, internationale Solidarität. Wir halten zusammen. Lateinamerika, ein neu entdeckter Kontinent mit dieser phantastischen magischen Literatur und den herzlichen Menschen. Und doch bewirkt der universitäre Rahmen eine noch größere Entfremdung von meinen kreativen Ausdrucksmöglichkeiten als noch am Gymnasium. Im literaturwissenschaftlichen Credo darf ich nicht schreiben, wie ich denke und fühle. Keine Vermischung der theoretischen Ausführungen mit subjektiven, visuellen Gestaltungsmethoden. Fotos, Filme, Zeichnungen, Collagen sind in Seminararbeiten unerwünscht. Da ich erfolgreich sein will und Anschluss suche in den unterschiedlichsten Gruppen, auch der frisch gegründeten Frauenbewegung, passe ich mich meinen politisch und rhetorisch versierteren Kommillitoninnen und Kommilitonen an - und fühle mich dabei orientierungs- und wurzellos.

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Manchmal schreibe ich Texte und Gedichte, die ich schnell wieder zerreiße. Die Werke der damals zugänglichen großen Schriftstellerinnen wie Else Lasker-Schüler, Ingeborg Bachmann, Simone de Beauvoir und Malerinnen wie Georgia O´Keefe, Frida Kahlo u.a. aber faszinieren mich und machen mir Mut. Sie handeln von Liebe, Ekstase, kreativer Arbeit, zerbrochenem Selbstwert und der Suche nach dem Lebensglück. Ihr schmerzhafter Kampf gegen materielle und emotionale Abhängigkeiten ist auch der meine und ebenso die nicht endenwollenden Überlebens- und Geschlechterkämpfen.

Viel später werde ich Vorträge über damals noch unbekannte Künstlerinnen halten und eine große Ton- Dia- Schau zusammen mit meiner Co Autorin, Evelyn Judith, in Deutschland, der Schweiz und in Italien präsentieren: „An die Vergessene“, Visionen von Frauen Macht und Liebe. Ich breche meine begonnene Unikarriere ab, die Promotion stelle ich nicht fertig. Ich sage meinem enttäuschten Doktorvater und meiner entsetzten Familie:
„Ich will Kunst machen.“

„Selbst“

Universität und Schule kehre ich den Rücken und arbeite im Großraum Frankfurt und Hamburg in spannenden und auf vielen Ebenen herausfordernden Projekten. Ich bilde mich immer weiter, auch im therapeutischen Bereich und entwickle Performances in der Natur.

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Es folgen Theaterproduktionen mit Kindern und Jugendlichen, Fotoausstellungen, Filme, Videofestivals, Auftragsarbeiten. Ich lerne Kameraführung und Schnitttechniken. Eigene Postkarten, Shows und Vorträge entstehen- und parallel dazu schreibe und veröffentliche ich Texte und Gedichte.

Meine Identität heißt jetzt: Angela Kling, Künstlerin

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In viele Länder und Städte wird es mich noch ziehen, wilde Meere überqueren, unzähligen Menschen und Tieren begegnen und von ihnen lernen. Kinder kommen in mein Leben, neue Arbeitsfelder tun sich auf. Gleichzeitig dehnt sich meine Gestaltungkraft mit Farben, Worten, Tanz und Musik in therapeutische, spirituelle und digitale Räume immer weiter aus.

Helfen und heilen mit Wahrheit, Schönheit und Struktur - in diese Richtung geht mein weiterer kreativer Weg.

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